Kulturbahnhof Spalt

Viele Fenster gehen auf

altMan mag es zusammenpassende Zufälle nennen oder auch Geschick. Ich nenne es Fenster - Zeitfenster nämlich, die aufgehen und einem die Chance geben etwas zu tun. Verpasst man die Chance, geht das Fenster wieder zu ...

Um aus der Brandruine einen Kulturbahnhof zu machen, waren viele Fenster nötig, die sich alle zur richtigen Zeit öffnen mussten.

Ich kann wohl sagen, dass ich selbst etwa 1992 die Grundidee hatte und dafür prompt von den meisten für verrückt erklärt wurde. Es ging anfangs eigentlich in erster Linie darum, geeignete Lagerräume für den immer größer werdenden Theaterfundus zu bekommen. Dass sich die Sache recht bald anders entwickeln sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Thema. Sicher wäre die Idee im Keim erstickt, wäre da nicht mein Freund Franz Hausmann gewesen, der, von der Idee begeistert, sich spontan bereit erklärte, den neuen Dachstuhl zu spendieren.alt

Vom „Kulturbahnhof“ war man aber zu diesem Zeitpunkt noch meilenweit entfernt. Viele Gespräche im Verein, im Vorstand und mit Handwerkern sorgten bei den Beteiligten für eine positive Grundeinstellung dem Projekt gegenüber. Dabei war es von unschätzbarem Wert, dass wir im damaligen Bürgermeister Heiner Heubusch - selbst ein begeisterter Schauspieler - einen unermüdlichen Fürsprecher hatten. Ob das Projekt ohne ihn überhaupt hätte verwirklicht werden können wage ich zu bezweifeln. Ich erinnere mich da an eine Sitzung im Stadtrat, in der dieses Thema durchaus sehr konträr diskutiert wurde.

Dem Organisationstalent und ersten Vorsitzenden Robert Wechsler gelang es, unser Ansinnen den offiziellen Stellen schmackhaft zu machen. Dies war auch absolut notwendig, wenn man bedenkt, dass die Entscheidung im Bauausschuss damals mit nur knapper Mehrheit zugunsten des Kulturbahnhofs gefallen war.

So, das sind de ersten und wohl wichtigsten Fenster, die sich zum rechten Zeitpunkt geöffnet hatten, und mit deren Hilfe der eigentliche Startschuss zum Projekt Kulturbahnhof gefallen ist. Wäre nur eines davon geschlossen geblieben, wäre an dieser Stelle das Ende des Bahnhofs im wahrsten Sinne gewesen. Denn ein Ereignis, dass gottlob nicht stattgefunden hat, bleibt noch anzumerken: Eigentlich wäre zu diesem Zeitpunkt das Gebäude gar nicht mehr gestanden, sollte es doch im Rahmen einer Übung vom THW abgetragen werden. Ein Termin, der aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen abgesagt wurde, lange bevor die Idee zur Bahnhofsrenovierung geboren war.

Nun ging es aber zur Sache: Anfang 1993 wurde das Projekt der Mitgliederversammlung vorgestellt und per Abstimmung auf den Weg gebracht. Selbst der Vorschlag, man solle doch lieber Parkplätze bauen und dafür das Gebäude platt machen, konnte die Renovierung nicht mehr aufhalten.

Bereits im März begannen die Arbeiten mit dem Aufstellen des Gerüstes. Zuerst musste dass marode Dach abgetragen werden. Da gab es wiederum ein Fenster: Das THW, das ursprünglich die „Bauruine“ beseitigen sollte, beschränkte sich auf das Abtragen des Dachstuhls. Das war aber nur möglich, weil ein Freund von Franz Hausmann wiederum mit dem Leiter des THW in Hilpoltstein befreundet war, uns dieser die Aktion organisierte. So war diese nicht ganz ungefährliche Aktion unter Dach und Fach.

Mit dem Aufstellen des Dachstuhls und dem Dachdecken war dann zunächst der weitere Verfall der Bausubstanz gestoppt. Nun konnte es mit den Innenarbeiten weitergehen. Dabei stellte sich sehr schnell heraus, dass außer dem Gebälk und dem rohen Mauerwerk nichts mehr zu gebrauchen war. Deshalb wurde bis Dezember 1994 mehr ab- als aufgebaut. Alter Verputz musste abgeschlagen werden, Böden wurden herausgerissen, Decken samt Fehlböden beseitigt.

Während dieser Zeit reifte auch das Vorhaben, zur Bahnhofseinweihung einen Dampfzug – wohl dem letzten auf dieser Strecke – fahren zu lassen. Und hier ist ein Fenster fast für immer zugegangen. Denn im Mai 1995 wurde die Bahnstrecke mit der „letzten Dampfzugfahrt der Deutschen Bahn“ außer Betrieb genommen. So machte es den Eindruck, dass dieses Vorhaben nicht mehr möglich sein sollte.

Alte Kontaktmöglichkeiten wurden angezapft, aber keine brachte uns so richtig weiter. Erst unter Mitwirkung des Vereins „Dampfbahn Fränkische Schweiz“ gelang es, in München bei der Bundesbahndirektion offene Ohren zu finden, wo und zugesagt wurde, dass die Gleise extra für diesen Event noch einmal in Betrieb genommen werden.

Ab Ende Dezember wurde dann nur noch aufgebaut: Decken mussten eingezogen, Fußböden samt Unterkonstruktion eingebaut werden. Selbst Türen und Treppen wurden im Eigenbau hergesellt und eingebaut. Die komplette Elektroinstallation musste erneuert werden. Zwei Firmen seien stellvertretend an dieser Stelle besonders herausgestellt: Die Zimmerei Hausmann, in deren Werkstatt vor allem Samstags mehr Arbeiter zu Gange waren, als während der üblichen Woche. Andererseits das Baugeschäft Karl Müller, das vom Material zum Selbstkostenpreis über Werkzeug bis zu Baumaschinen alles zur Verfügung gestellt hat.

Überhaupt alle Spalter Geschäftsleute unterstützten uns soweit irgend möglich. Überall fanden wir offene Türen. Deshalb sei ihnen an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt.

Dann im September 1995 war es endlich soweit der Spalter Bahnhof, nun endlich zum Kulturbahnhof gewandelt, stand im neuen Glanz, zur Einweihung bereit. Drei Tage lang wurde gefeiert, Führungen durch die verschiedenen „Abteile“ des Bahnhofsgebäudes gemacht, erzählt, beschrieben und: der Dampfzug fuhr – nun wirklich zum letzten mal – von Spalt nach Georgensgmünd.

In über 6.000 Arbeitsstunden, unzähligen aufgegessenen Hähnchen (dem Hauptnahrungsmittel währen der Bauphase) und vielen Flaschen Aufbautropfen in Form von Williams-Christ, wurde ein Gebäude erhalten, ohne das Spalt mit Sicherheit ein Stück seiner Geschichte verloren hätte.

Viele Mitglieder gingen währen der Bauphase an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und teilweise über die Geduld ihrer Angetrauten. Wenn ich so auf das Geleistete zurückblicke, stellt sich mir die Frage: Wäre dieses Projekt mit einem derartigen Einsatz aller Beteiligten heute, in einer Zeit immer mehr steigender beruflicher Anforderungen und knapper werdender Freizeit noch mal zu stemmen?

In jedem Fall hat dieses Projekt mit Sicherheit den Zusammenhalt im Verein gestärkt und zu einem Vereinsklima geführt, in dem es Spaß macht zu arbeiten.

Vielen Dank deshalb allen Beteiligten…